Eine neue Generation von Investoren?

Intro

Trade Republic veröffentlicht eine interessante Studie

Am 11.02.22 landete eine E-Mail mit der Überschrift „Die neue Generation von Investoren“ von Trade Republic in meinem Postfach. In dieser Studie, welche von der renommierten DIW Econ durchgeführt wurde, sind 216.000 Nutzer des Neobrokers Trade Republic analysiert worden.

„Die weltweit größte jemals erhobene Studie zur Motivation und dem Verhalten von Privatinvestoren.“ heißt es in dieser E-Mail. Es lohnt sich also, einen näheren Blick in die Studie zu werfen. Wenn Du ebenfalls direkt zur Studie der DIW möchtest, habe ich Dir hier die entsprechende PDF-Datei verlinkt. Wächst in Deutschland also wirklich eine neue Generation des Wohlstandes heran oder wurde in dieser Studie eventuell ein bisschen zu Gunsten der Privatanleger gerechnet? Ich habe die wichtigsten Fakten aus der Studie für Dich zusammengefasst und gehe auf kritische Vergleiche ein:

Demographie

Jedes Alter ist vertreten. Der Fokus liegt jedoch klar bei der jüngeren Generation.

Über 70% der Nutzer sind unter 35 Jahre alt und über 34% der Nutzer sind zwischen 18 und 26 Jahren alt. Erst dann kommen mit 22% die 35-48 jährigen.

Finanzdenken Studie Alter

Überwiegend Männer nutzen Trade Republic

Hin und wieder werden Klischees auch in der Realität bedient. So ist es auch mit dem Klischee, dass Finanzen Männersache sind. Besonders die Teilnehmer am Kapitalmarkt sind überwiegend männlich, was eine Vielzahl von Umfragen zeigt. Das Deutsche Aktieninstitut (DAI) zeigt ebenfalls in einer Studie von 2021, dass nur 36,3% aller Börsenteilnehmer aus Deutschland weiblich sind. Allein ein Blick auf die vielen Finanzblogger reicht aus, um sagen zu können, dass hier überwiegend Männer agieren. Diese Umfrage spiegelt das einheitliche Bild ebenfalls wieder:

  • 84,3% der Nutzer sind männlich
  • 15,3% der Nutzer sind weiblich
  • 0,5% der Nutzer sind divers

Die Risikobereitschaft liegt etwas über dem Durchschnitt der deutschen Gesamtbevölkerung

„Bei den Neobrokern wie Trade Republic oder Robin Hood sind nur Spekulanten und Zucker unterwegs“. Diese oder ähnliche Aussagen sind in den vergangen zwei Jahren sehr oft in den sozialen Medien zu lesen und zu hören. Diese Studie widerlegt zumindest dieses Klischee für Trade Republic, denn es wurde auch eine Analyse zu der Risikobereitschaft der Trade Republic Nutzer durchgeführt. Die Tendenz geht zwar in Richtung „higher risk tolerance“, aber sie ist dort nicht überproportional vorzufinden. Die Nutzer sind mit „Survey“ und die deutsche Gesamtbevölkerung mit „SOEP“ markiert. SOEP ist die größte und am längsten laufende multidisziplinäre Langzeitstudie in Deutschland zu gesellschaftlichen Entwicklungen und Trends.

Finanzdenken Studie Risiko

Entsteht also wirklich eine neue und junge Generation von Investoren?

Hierfür ist die auch Erfahrung am Kapitalmarkt bedeutend. Auch zu diesem Punkt hat die Studie Daten erhoben. Es zeigt sich, dass viele Trade Republic Nutzer zum ersten Mal Kontakt mit dem Kapitalmarkt haben und hierfür Trade Republic nutzen.

47% der Nutzer haben vor Trade Republic noch nie am Kapitalmarkt investiert und werden in der Studie als „novice investors“, d.h. Anfänger bzw. unerfahrene Investoren bezeichnet. Also knapp die Hälfte aller Trade Republic Nutzer sind ganz neu auf dem Börsenparkett. Im Durchschnitt haben diese unerfahrenen Investoren allerdings 37% ihres Gesamtvermögens an den Kapitalmärkten angelegt, seitdem sie Trade Republic nutzen. Mithilfe von Trade Republic haben also viele neue Investoren den Weg zur Börse gefunden und haben direkt über 1/3 des eigenen Vermögens investiert.

Finanzdenken Studie Erfahrung




Motivation

Was treibt die neuen Investoren an?

Oftmals ist die Rede von einer „Gamifizierung des Investierens“, d.h. dass das Investieren wie ein Spiel angesehen wird. Ursache hierfür liegt unter anderem in den niedrigen Gebühren und einer gewissen Leichtigkeit in der Bedienung solcher Apps. Mittlerweile kann innerhalb von Sekundenschnelle eine Aktie gekauft oder verkauft werden und das wiederum kann zu schnellem, riskanten Handeln führen. Den Nutzern wurden hierzu fünf Fragen gestellt, zu denen sie in fünf Stufen zustimmen oder eben nicht zustimmen sollten.

Finanzdenken Studie Motivation

Die Mehrheit setzt auf ein langfristiges und rationales Anlageverhalten

  • 77% der Nutzer geben an, mangels lukrativer Alternativen am Kapitalmarkt zu investieren.
  • 72% der Nutzer wollten mit der Geldanlage einen langfristigen Beitrag zur Altersvorsorge leisten.

Portfolio

Wie setzt sich die Portfoliostruktur der Nutzer zusammen?

Der größte Anteil in den Portfolios besteht aus Einzelaktien mit ganzen 60%. In ETFs sind die Nutzer mit 26% investiert und in Derivaten mit nur 2%. Der Rest von 12% wird in Cash gehalten. Im Vergleich zu den erfahreneren Anlegern bei Trade Republic, kann den Portfolios der Anfänger tatsächlich weniger Risiko zugesprochen werden.

Finanzdenken Studie Portfolio

Ich persönlich habe auch ein Depot bei Trade Republic

… und nutze die kostenfreien Aktiensparpläne, um regelmäßig in 24 Aktien zu investieren. Du benötigst noch ein Depot? Hier geht’s zum Depot!

Rendite

Der spannendste und kritischste Teil der Studie: Die Rendite!

Die Studie hat bisher gezeigt, welcher Typ von Anleger bei Trade Republic vertreten ist. Zudem ist die Motivation sowie die Portfoliostruktur bekannt. Bei den Daten hat mich besonders der Punkt zur dem langfristigen und kurzfristigen Anlageverhalten überrascht. 72% der Nutzer haben schließlich angegeben, dass die mit der Geldanlage einen langfristigen Beitrag zur Altersvorsorge leisten wollen. Das bedeutet für mich im Umkehrschluss: wenig hin und her traden sowie risikoärmere Investitionen in beispielsweise diversifizierte ETFs. So wird es schließlich in jedem Ratgeber empfohlen und hat sich seit vielen Jahren bewährt.

Der Median der annualisierten Rendite liegt bei 7,1%. Die Studie bezieht sich nur auf einen kurzen Zeitraum von zwei Jahren, daher wurde das Ergebnis annualisiert. Der Median ist der Wert, der sich ergibt, wenn genau bei der Mitte aller Ergebnisse ein Strich gezogen wird.

Finanzdenken Studie Rendite

7,1% Rendite pro Jahre ist doch großartig! Oder?

Natürlich sind 7,1% Rendite großartig. Normalerweise. Die Inflation erwähne ich an dieser Stelle erst gar nicht, denn dann sieht das Ergebnis in Relation schon wieder mickrig aus. Was ich jedoch in Relation setzen möchte, ist das Ergebnis des breiten Marktes. Denn wenn man die eigene Rendite vergleichen möchte, wird dies immer mit dem breiten Markt gemacht. Einer der ältesten und bekanntesten Indizes ist der S&P 500. Wenn Warren Buffett sagte mal, dass wenn er einen ETF kaufen würde, wäre es definitiv der S&P500. Diesen empfiehlt er nicht umsonst seinen Fans und seiner Familie.

Werden beim S&P500 die vergangenen zwei Jahre (Februar 2020 bis Februar 2022) ausgewählt und alle Dividenden reinvestiert, wurde in diesem Zeitraum eine annualisierte Rendite von 19,52% erzielt. Den entsprechenden Return-Rechner findest Du hier.

19,52% Rendite statt 7,1% Rendite. Selbst eine Investition in den DAX Index hat in den vergangenen 20 Jahren eine jährliche Rendite von 8,6% ergeben. Zudem zeigt die Studie, dass nur 60% aller Nutzer ein positives Ergebnis erzielt haben. Das bedeutet, dass 40% der Nutzer eine negative Rendite gemacht haben, während der breite Markt fast 20% erzielt hat. Solche Zahlen sind in meinen Augen relevant, denn sie spiegeln die Wirklichkeit wieder. Dieser Fakt von 7,1% Rendite liest sich gut, verschleiert aber die vielen negativen Seiten der Studie.

Nicht von den Renditen blenden lassen!

Zum einen kritisiere ich diese Studie, weil sie die berechnete Rendite von 7,1% nicht mit anderen Renditen vergleicht. Eine einfache Investition in den S&P 500 ETF hätte beispielsweise fast das dreifache an Rendite gebracht. Das zeigt mir, dass die Anleger auf Trade Republic irgendwas falsch gemacht haben müssen. Meine persönliche Meinung: Sie haben entweder auf die falschen Aktien gesetzt (Meme-, Hype, Trend-Aktien) und/oder an ungünstigen Zeitpunkten gekauft und verkauft. In beiden Fällen haben Emotionen mit dem Ergebnis zu tun. Es benötigt einige Zeit, um sich nicht mehr von seinen Emotionen überrumpeln zu lassen – Stichwort FOMO (Fear Of Missing Out). Ich umgehe die Gefahr der Emotionen, indem ich meine Investitionen nahezu automatisiert habe und automatisch Cashflow generiere. Einen weiteren Einblick in meine Investmentstrategie erhältst Du hier.

Zum anderen finde ich den gewählten Zeitraum der Studie für fragwürdig und wenig aussagekräftig. Trade Republic bietet zwar erst seit Mitte 2019 den Handel an, dennoch wurde der Zeitraum während eines enormen Bullenmarktes ausgewählt. Das birgt die Gefahr, dass die vielen neuen Anleger denken, dass es immer so hohe Renditen an der Börse gibt. Dem ist aber nicht so. Der berühmte Autor Jeremy J. Siegel hat in einer langjährigen Untersuchung herausgefunden, dass mit einem breit diversifiziertem Aktiendepot im Zeitraum von 1802 bis 2012 eine Realrendite von jährlich 6,6% erwirtschaftet werden konnte. Realrendite bedeutet abzüglich der Inflation. Das bedeutet im Umkehrschluss, dass auch einige Jahre mit niedriger oder sogar negativer Rendite kommen müssen, um auf diesen Durchschnittswert zu kommen.

Fazit

Zusammenfassend…

… kann man sagen, dass die Studie wirklich interessant ist und mit vielen Klischees aufgeräumt hat. Leider geht die Studie nur über einen kurzen Zeitraum und ist daher in meinen Augen in Bezug auf die Rendite, wenig aussagekräftig. Insgesamt freut es mich jedoch sehr, dass viele neue Anleger den Weg zur Börse gefunden haben und als Motivation auch die langfristige Anlage genannt haben. Auch der 31%ige ETF-Anteil in den Portfolios der Anfänger beweist mir diese Motivation. Ich hoffe nur, dass die Mehrheit der neuen Anleger auch bei einem Bärenmarkt weiterhin an der Börse bleibt. Hier haben 77% der Nutzer schließlich schon eigenständig erkannt, dass es zum Kapitalmarkt keine lukrativen Alternativen gibt – Stichwort TINA (There Is No Alternative).

Pass gut auf Dein Geld auf und bleibe weiterhin gesund & munter!

Cheerio, Alex




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